Warum wir JEDEN Tag stretchen (und was sich dadurch verändert hat) » beVegt (2024)

Was tust du für deine Beweglichkeit? Wenn du mir diese Frage Anfang 2001 gestellt hättest, als ich mich gerade auf meinen allerersten Marathon vorbereitete – dann hätte ich dir irgendetwas von „ein bisschen Stretching nach dem Laufen … manchmal“ erzählt.

Hey, ich war jung und weit davon entfernt, mir Gedanken über meine Beweglichkeit zu machen!

Vor einigen Jahren hätte ich ergänzt, dass ich inzwischen auch Yoga für mich entdeckt habe, und mir das wirklich total gut tut … auch wenn ich leider viel zu selten dazu komme.

Und wenn ich diese Frage heute beantworten müsste?

Dann könnte ich zum ersten Mal in meinem Leben sagen, dass ich wirklich jeden einzelnen Tag an meiner Beweglichkeit arbeite, mir das sogar Spaß macht und ich in den letzten Monate Fortschritte gemacht habe, die ich niemals für möglich gehalten hätte.

In diesem Beitrag erfährst du, wie es dazu gekommen ist.

Laufen und Stretching: Es ist kompliziert …

Laufen und Stretching gehören in meiner Vorstellung und Erinnerung schon immer zusammen. Manche Läufer:innen stretchen vor dem Laufen, manche danach, einige öfter und andere seltener, manche wippen in die Dehnung hinein, andere halten die Dehnung statisch … fast alle tun es, weil man es eben tut und weil es überall empfohlen wird (auch von uns).

Die längste Zeit habe ich auch zu diesem Läufertypus gehört, und fleißig nach jedem Lauf vor der Haustür noch ein kleines Dehnprogramm absolviert.

Gleichzeitig ging es mit meiner Beweglichkeit langsam aber stetig bergab, und es meldeten sich die ersten leisen Zweifel: Bringen diese fünf Minuten Stretchen nach dem Laufen überhaupt etwas? Welche Stretches machen Sinn, und wie lange sollte ich die Dehnung halten?

Ich weiß, dass ich nicht der einzige bin, der sich diese Fragen schon gestellt hat. Das „Warum“ und das „Wie“ des Stretchings wird in der Laufszene immer wieder heiß diskutiert, und bei mir hat diese Unklarheit schließlich dazu geführt, dass ich irgendwann komplett mit dem Stretchen aufgehört habe.

Mehr Beweglichkeit durch Yoga?

Ich war jetzt also ein nicht-stretchender Läufer. Allerdings einer mit Gewissensbissen, denn inzwischen (es war das Jahr 2016) kam ich in der Vorbeuge mit den Händen nicht mal mehr bis zu den Sprunggelenken, und musste immer häufiger verletzungsbedingte Laufpausen einlegen.

Und dann fragte mich Katrin eines Abends nach einem besonders stressigen Tag, ob ich nicht zur Entspannung mit ihr zusammen eine Yoga-Stunde aus ihrer App machen wollte.

Es war die erste Yoga-Stunde meines Lebens, und eine absolute Offenbarung. Die für mich teilweise sehr anspruchsvollen Asanas ließen mir keine Gelegenheit, an Aufgaben, Probleme und Alltagssorgen zu denken, und ich konnte dabei komplett abschalten und zur Ruhe kommen.

Plötzlich war ich ein Läufer, der Yoga macht: Eine scheinbar perfekte Kombination, von der ich mir natürlich auch eine Verbesserung meiner Beweglichkeit versprach – schließlich verwandelte ich mich jetzt mehrmals die Woche in einen herabschauenden Hund, einen Tänzer oder einen Krieger, und lernte dabei (verkürzte) Muskeln kennen, von denen ich bis dahin überhaupt nichts wusste.

Nach einiger Zeit stellte sich aber eine gewisse Ernüchterung ein, denn das Yoga fühlte sich zwar nach wie vor gut an, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass ich dadurch beweglicher wurde.

Katrin bestätigte meinen Eindruck. Sie ging schon seit Jahren regelmäßig ins Yogastudio und hat inzwischen sogar die 500 Stunden-Ausbildung zur Yogalehrerin absolviert. Trotzdem gab es bestimmte Asanas, die sie einfach nicht ausführen konnte, und bei denen sie auch keine Fortschritte feststellte.

Unser Aha-Moment in Sachen Stretching

Das war bis vor etwa einem halben Jahr der Stand der Dinge: Katrin machte regelmäßig, ich viel zu selten Yoga, und wir beide hatten uns mit unserer jeweiligen Beweglichkeit abgefunden. Uns ging es auch nicht mehr darum, beweglicher zu werden, sondern den schleichenden Verfall aufzuhalten oder wenigstens möglichst lange hinauszuzögern.

Und dann poppte am letzten Tag unseres Wander-Urlaubes auf Mallorca eine Anzeige in meinem Instagram-Feed auf: „Verdopple deine Beweglichkeit in 30 Tagen mit nur 15 Minuten Stretching pro Tag.“

Dieses Versprechen klang verlockend, aber was ich noch spannender fand war eine Textpassage auf der Verkaufsseite des Kurses. Dort schreibt der Yogalehrer und Flexibility Coach Lucas Rockwood, dass die meisten Yogaposen (entgegen der weit verbreiteten Meinung) die Beweglichkeit nicht trainieren, sondern lediglich demonstrieren.

In anderen Worten: Superbewegliche Yogalehrer:innen sind nicht durchs Yoga so beweglich geworden, sondern sie sind entweder von Natur aus sehr beweglich, oder haben sich ihre Beweglichkeit auf andere Weise erworben.

Nämlich – so Rockwood – mit lang gehaltenen, passiven Stretches.

Das passte genau zu unseren eigenen Erfahrungen und lieferte uns eine Erklärung dafür, warum wir bislang keine Fortschritte gemacht hatten. Kurze Stretches nach dem Laufen und Yogaformen wie Vinyasa mit eher fließendem, dynamischem Charakter sind großartig, aber eben nicht geeignet, um deutliche Verbesserungen der Beweglichkeit zu erreichen.

Dafür braucht es statische, lang gehaltene und passive Dehnungen, die dann zu Anpassungen in der Muskulatur und den Faszien führen.

Lang gehaltene, passive Stretches: Es funktioniert!

Noch am Abend nach dem Heimflug starteten wir mit der ersten Einheit aus dem Kurs, und waren sofort angetan: Es war anstrengend, ja – aber irgendwie auch spannend, kurzweilig und motivierend.

Wir freuten uns jetzt jeden Abend auf unsere tägliche Stretching-Einheit, und die ersten Erfolgserlebnisse ließen nicht lange auf sich warten. Der Kurs bestand aus fünf Stretching-Routinen, die man der Reihe nach immer wieder durchlaufen sollte. Das bedeutete, dass wir jeweils nach fünf Tagen wieder bei den gleichen Übungen ankamen – und jedes Mal fielen uns die Übungen ein bisschen leichter als zuvor.

Stretches, die uns in der ersten Woche noch die Schweißperlen auf die Stirn getrieben hatten, fühlten sich beim dritten oder vierten Durchlauf schon deutlich machbarer an, und nach einigen Wochen konnten wir uns dabei sogar fast schon entspannen!

Nachdem unsere Beweglichkeit trotz Yoga jahrelang im besten Fall unverändert geblieben war, machten wir plötzlich Fortschritte, die wir gar nicht mehr für möglich gehalten hatten. Zum ersten Mal seit ich mich erinnern kann schaffte ich es, in der Vorbeuge mit den Fingerspitzen den Boden zu berühren. Und Katrin berichtete mir vor einigen Wochen, dass sie in ihrer Yogastunde zum ersten Mal eine schwierige Asana halten konnte, die ihr vorher unerreichbar erschienen war.

Unser eigener Stretching-Kurs erscheint demnächst!

Um es kurz zu machen: Der Kurs war für uns ein echtes Aha-Erlebnis und hat unser Training um einen Aspekt ergänzt, der bis dahin immer zu kurz gekommen war. Uns war deshalb sofort klar, dass wir selbst einen Stretching-Kurs für beVegt entwickeln wollten, der noch etwas stärker auf die Bedürfnisse von Läufer:innen ausgerichtet ist.

Die Idee dafür schwirrte uns schon länger im Kopf herum, aber jetzt hatten wir ein handfestes, wissenschaftlich fundiertes Stretching-Konzept kennengelernt, das wirklich funktionierte. Deshalb haben wir im August und September eine 14-tägige Ausbildung zum YOGABODY Flexibility Coach™ absolviert, und uns an die Arbeit gemacht.

Das Ergebnis werden wir dir Anfang November präsentieren. Wir sind wahnsinnig stolz auf unseren Kurs und zuversichtlich, dass du damit genauso große Fortschritte in deiner Beweglichkeit erreichen kannst wie wir.

Eine Frage haben wir bislang aber noch gar nicht beantwortet: Welche konkreten Vorteile hat es überhaupt, beweglicher zu werden? Ist es einfach nur ein netter Partytrick, mit den Handflächen auf den Boden zu kommen, oder hilft uns ein „Mehr“ an Beweglichkeit im Alltag und beim Sport?

Das werden wir uns im nächsten Beitrag hier auf dem Blog anschauen, der in einer Woche erscheint. Außerdem erfährst du dann, wie viel Beweglichkeit überhaupt wünschenswert ist, und worauf es beim lang gehaltenen, passiven Dehnen ankommt.

In STRETCH lernst du eine wissenschaftlich fundierte Methode kennen, mit der du mit nur 15-20 Minuten pro Tag in 4 Wochen deine Beweglichkeit in der Hüfte, den hinteren Oberschenkeln, im Rücken und in den Schultern verdoppeln kannst!

Zum Weiterlesen: Stretching und Yoga

  • Die 9 wichtigsten Stretching-Übungen für Läufer:innen
  • Yoga für Anfänger:innen – 7 Tipps und 10 wichtige Asanas für deine erste Praxis
  • Yoga ohne Studio: 30 tolle Blogs, Videos und Apps zum Selbstlernen
  • beVegt-Podcast #193: Katrins Weg zur Yogalehrerin
  • beVegt-Podcast #244: Yoga Mythen und Fakten – mit Yogalehrerin und Ausbilderin Christiane Wolff

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Author: Patricia Veum II

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